Wir dokumentieren hier Redebeiträge und Grußworte von der Demo “Antifaschismus ist notwendig! Freiheit für alle Antifaschist*innen!” am 14. Juni 2025 in Jena.
Wir durften auf der Demo am 14. Juni 2025 in Jena viele starke Redebeiträge und Grußworte hören: Von Beschuldigten im Budapest-Komplex und im Antifa Ost Verfahren – von Zaid selbst vor Ort, von Maja, von Lina, von Johann aus dem Knast und von einer Untergetauchten. Es sprachen solidarische und unterstützende Angehörige, Soli-Gruppen, die Rote Hilfe und der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein, Antifaschist*innen aus Graz, aus Thüringen und vom Dorf.
Wir haben verschiedene Perspektiven gegen Repression und für einen vielfältigen und konsequenten Antifaschismus gehört. Als Bündnis machen wir uns nicht alle Inhalte und Positionen der gehaltenen Beiträge zu eigen, aber es hat uns bewegt und gestärkt, euch zuzuhören. Danke euch allen! Solidarische Grüße gehen in alle Ecken, aus denen ihr zur Demo gekommen seid. Besonders dankbare und stärkende Grüße gehen in Untergrund und Knast!
Ein paar Beiträge konnten bei der Großdemo aus Zeitgründen nicht mehr gehalten werden. Wir veröffentlichen sie alle hier.
Noch stehen uns nicht alle Reden schriftlich zur Verfügung. Wir ergänzen Stück für Stück.
Redebeitrag vom Budapest Antifascist Solidarity Committee (BASC)
“Liebe Genoss*innen und Freund*innen, liebe Familien der Beschuldigten und liebe Antifaschist*innen, die ihr heute bundesweit und sogar international angereist seid, um mit uns gemeinsam auf die Straße zu gehen:
Wir, das Budapest Antifacist Solidarity Comitee, begleiten die Geschehnisse um die Kriminalisierung antifaschistischen Engagements im Fall des Budapest-Komplex seit nunher über zwei Jahren. In dieser Zeit überschlugen sich die Ereignisse regelrecht, sodass wir nicht alle Bestandteile dieses internationalen Repressionsspektakels in diesem Beitrag rekapitulieren können. Nichtsdestotrotz möchten wir uns selbststverständlich heute auch an euch wenden:
Jährlich findet in Budapest eines der größten internationalen Neonazitreffen statt. Der sogenannte “Tag der Ehre” fungiert für die europäischen faschistischen Strukturen vor allem als Vernetzungstreffen mit geschichtsrevisionistischem Eventcharakter. Tausende Neonazis – dabei zahlreich auch aus Deutschland vertreten – können ungehindern und mit Rückendeckung des ungarischem Regimes den NS-Terror und die Verbrechen der Wehrmacht verherrlichen. Den Beschuldigten Antifaschist*innen im Budapest-Komplex wird vorgeworfen, sich im Februar 2023 diesen widerlichen Geschehnissen konsequent entgegengesetzt zu haben. Eigentlich ein ehrenwertes Motiv, könnte man meinen – aber nicht in den Augen der europäischen und insbesondere der deutschen Ermittlungsbehörden. Was folgte, war ein international koordinierter Schlag gegen antifaschistische Strukturen. Über Jahre wurden Angehörige und Freund*innen überwacht, durch brutale Hausdurchsuchungen drangsaliert, die Privatleben der Umfelder durchleuchtet. Von SEK-Einsätzen bis zu versteckten Kameras in Wohnumfeldern war der ermittelnden SoKo keine Maßnahme zu schade, um die Betroffenen als Terrorist*innen zu stilisieren.
Ein Staat, dessen Sicherheitsbehörden durchsetzt sind mit Faschisten, dessen Parlamente menschenfeindliche Politik wieder salonfähig macht und neuerdings eine Abschiebepolitik umsetzt, wie sie vor einiger Zeit nur die NPD gefordert hat, macht somit klar, wer für ihn der Hauptfeind ist: Es sind engagierte Antifaschist*innen, die diese Umstände nicht länger hinnehmen wollen.
Die offensichtlich politisch motivierte Ermittlungswut der Behörden muss deswegen als das Verstanden werden, was er ist: Ein politischer Angriff auf die gesamte antifaschistische Bewegung. Spätestens nach der rechtswidrigen Nacht-und-Nebel Auslieferung von Maja an das autoritäre ungarische Regime sollte uns allen klar sein, dass diese Repession eine politische Kampfansage seitens des deutschen Staates darstellt.
Maja befindet sich seit dem 05. Juni in ungarischer Isolationshaft im Hungerstreik. Heute ist Tag 10 des Streiks, in dem Maja zum letzten verzweifelten Mittel greift, um menschenwürdige Haftbedingungen und eine Rücküberstellung nach Deutschland zu erwirken. Maja kämpft somit als eine von uns mit allem, was Maja noch bleibt, gegen die politisch motivierte Folter des profaschistischen Ungarns.
Uns allen muss klar sein, dass jetzt die Zeit ist zu handeln! Wir müssen alles tun, den Druck auf die Behörden auf allen Ebenen weiter auszubauen um zu verhindern, dass eine unserer Genoss*innen in den Händen der Schweine stirbt!!!
Eins ist dabei klar: Wenn die ungarische Justiz Majas Forderungen nicht erfüllt und die deutsche Regierung weiterhin keine Anstalten macht, Maja zurückzuholen, sind sie direkt und unmittelbar für alles verantwortlich, was Maja während des Hungerstreiks zustößt.
Majas Situation ist außerdem eine Vorahnung von dem, was unseren Genossen Zaid erwartet, falls sich das Kammergericht Berlin wiederholt für eine Auslieferung nach Ungarn entscheiden sollte. Zwar wurde er am 2. Mai aus der Auslieferungshaft der JVA Köln-Ossendorf entlassen und kann nun gegen strenge Meldeauflagen zunächst haftverschont sein. Dennoch liegt gegen ihn bis heute kein deutscher Haftbefehl vor, was ihn in Bezug auf eine Auslieferung besonders gefährdet. In Ungarn würden ihn, wie bei Maja, folterähnliche Haftbedingungen, rassistische Ungleichbehandlung und eine drakonische Strafandrohung von bis zu 24 Jahren Haft erwarten. Auch das dürfen wir als Bewegung nicht hinnehmen! Weitere Auslieferungen in das rechtsautoritäre Ungarn stellen ein menschenfeindliches Verbrechen dar und müssen mit allen Mitteln verhindert werden!
Neun weitere im Budapest-Komplex beschuldigte Genoss*innen befinden sich unterdessen in deutscher U-Haft. Während Italien und Frankreich weitere Beschuldigte ihrerseits nicht ausliefern, oder sich, wie im Fall von Ilaria Salis, sogar aktiv für deren Rücküberstellung eingesetzt haben, sieht die Bundesregierung und das Auswärtige Amt tatenlos zu.
Es liegt also nun an uns allen: Werdet aktiv, wenn ihr es nicht bereits seid – nutzt alle Kanäle, Organisationen, Aktionsformen und zivilgesellschaftlichen Initiativen, um möglichst große Aufmerksamkeit auf die Repression gegen Antifaschist*innen zu lenken und insbesondere Maja und Zaid zu schützen.
Was es jetzt braucht, ist eine breite antifaschistische Bewegung, die zusammenhält und sich nicht durch bürgerliche Diskurse spalten lässt. Und ja, es stimmt: Die Zeiten sind verdammt herausfordernd. Aber wir sagen auch klar: Wenn staatliche Repression zunimmt und Nazis wieder in Parlamenten und auf den Straßen dominieren, ist offensiver Antifaschismus wichtiger denn je!
Was wir außerdem in unseren Kämpfen wahrnehmen ist, dass wir alles andere als alleine mit unseren politischen Ideen sind: Die Solidarität, die uns in den vergangenen Monaten erreichte, überwältigt uns jedes Mal aufs Neue und zeigt uns, dass es Hoffnung gibt. Dafür wollen wir uns herzlich bedanken!
Trotz der immensen Dimension des Budapest-Komplexes sind wir dabei nur ein kleiner Teil einer globalen Bewegung, die sich seit Jahrhunderten für die Befreiung von Kapitalismus, Staat und Patriarchat einsetzt. Auch wir stehen solidarisch an der Seite weltweiter Befreiungskämpfe und allen Verfolgten und kriminalisierten Bewegungen, die für ein besseres Morgen für alle kämpfen – frei von Unterdrückung, Ausbeutung und Faschismus.
Abschließend wünschen wir euch und uns eine kraftvolle, selbstbestimmten Demonstration. Lasst uns Schulter an Schulter klar machen, dass wir die Verhältnisse nicht länger hinnehmen werden!
Den Bullen, Faschos und anderen Feinden der Freiheit sei deutlich gesagt: Jeder eurer Versuche uns zu spalten werden wir ins Leere laufen lassen! Wenn ihr Einzelne von uns isoliert, wachsen unsere Reihen umso stärker zusammen. Solidarität ist, im Gegensatz zu euch, bei uns mehr als nur ein ein Wort – sie ist das unsichtbare Band, das uns trägt und über Knastmauern und Grenzen hinweg verbindet, auch wenn alles andere bricht.
Wir fordern deshalb als Solidaritätskomitee:
– die Freiheit aller inhaftierten Antifaschist*innen,
– den Ausschluss weiterer Auslieferungen nach Ungarn,
– die sofortige Rücküberstellung von Maja nach Deutschland,
– und nicht zuletzt die Auflösung aller beteiligten Repressionsbehörden
Freiheit für alle Antifas! Es lebe die antifaschistische Aktion!”
Grußwort vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.
“Liebe Genoss*innen,
wir als Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. übersenden euch unsere solidarischen Grüße zur heutigen Demo. Wir freuen uns, dass so viele Aktivist*innen zusammengekommen sind, um kämpferisch und lautstark ihre Solidarität mit allen verfolgten Antifaschist*innen zu zeigen.
Die Repression gegen Antifaschist*innen nimmt überall zu: Demonstrationen und andere alltägliche Protestformen werden mit massiven Schikanen, Polizeigewalt und Massenverfahren überzogen. Doch noch weit mehr richtet sich die staatliche Verfolgungswut gegen militanten Antifaschismus, der sich den braunen Umtrieben auch körperlich entgegensetzt.
Sei es im Budapest-Komplex oder im Antifa-Ost-Verfahren: Dem Staat geht es nicht um ein paar Platzwunden bei Nazis in Ungarn oder in Sachsen und Thüringen. Dem Staat geht es um Abschreckung, Einschüchterung und Kriminalisierung von engagiertem Antifaschismus. Wir sehen uns einem gewaltigen staatlichen Frontalangriff gegen die antifaschistische Bewegung gegenüber.
Jahrelang bemühte sich SoKo Linx, die linken Strukturen in Sachsen als kriminelle oder gar terroristische Vereinigung zu verfolgen – und scheiterte immer kläglich mit ihren wilden Konstrukten. Das Antifa-Ost-Verfahren ist ein weiterer Anlauf: Körperliche Auseinandersetzungen mit Nazis werden aufgebläht, um Genoss*innen zu kriminalisieren. Vier Antifaschist*innen wurden bereits zu Haftstrafen verurteilt, und im Herbst steht die nächste Runde an.
Parallel läuft der Budapest-Komplex: Seit es im Februar 2023 zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Antifas und Nazis kam, haben die ungarischen Repressionsorgane eine internationale Hatz auf Antifaschist*innen gestartet – und die deutschen Behörden leisten bereitwillig Schützenhilfe. Der gesamte Budapest-Komplex ist ein Paradebeispiel für politische Verfolgung einer allzu unbequemen Opposition über Grenzen hinweg.
Die deutschen Repressionsorgane nutzen die ungarische Kriminalisierungsoffensive für ihre eigene Agenda gegen antifaschistische Strukturen – mit einem Spiegelverfahren gegen die Aktivist*innen, eigenen Haftbefehlen, Repressalien gegen die Familien der Beschuldigten und vor allem mit dem § 129, der staatlichen Allzweckwaffe gegen Linke.
Mit ihrer jahrelangen Verfolgungsoffensive wollen uns die Behörden ihre Stärke demonstrieren, sie wollen uns zermürben und erreichen, dass die aktive Solidarität aus Erschöpfung nachlässt.
Doch das werden sie nicht erreichen, denn wir wissen:
Unsere stärkste Waffe im Kampf gegen diese Repressionsoffensive ist die Solidarität. Sie gibt den gefangenen und angeklagten Genoss*innen die Kraft durchzuhalten. Solidarität gibt auch uns allen die Kraft, den Verlust zu überstehen, dass Genoss*innen aus unserer Mitte gerissen werden. Sie gibt uns die Kraft, weiterzukämpfen für ein Ende der Repressionsangriffe und für die Freiheit unserer Genoss*innen.
Proteste wie heute machen deutlich, dass wir uns nicht einschüchtern lassen und dass die Betroffenen nicht allein sind! Und viele weitere Solidaritätsaktionen werden folgen.
Als Rote Hilfe e. V. stehen wir an der Seite der verfolgten Antifas und aller anderen linken Aktivist*innen, die von staatlicher Repression betroffen sind. Gemeinsam mit euch allen können wir den betroffenen Genoss*innen zeigen, dass sie nicht allein sind.
Es ist wichtig, sie ganz praktisch zu unterstützen: Beteiligt euch an Solidaritätskundgebungen, begleitet die Prozesse, schreibt Briefe an die Gefangenen, spendet für Prozess- und Haftkosten an die Rote Hilfe.
Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!”
Grußwort und Erklärung vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. (RAV)
“Liebe Leute,
der Republikanische Anwälte und Anwältinnenverein richtet Euch hiermit solidarische und antifaschistische Grüße von den Teilnehmer*innen unseres heute zeitgleich in Leipzig stattfindenden Kongresses „AufRecht – solidarisch in autoritären Zeiten“ aus. Gern wären wir heute unter Euch.
Im Kampf gegen den Faschismus und für eine solidarische Gesellschaft sind wir mit Euch verbunden.
Wir protestieren mit Euch gemeinsam gegen die geplante Auslieferung von Zaid nach Ungarn und wir unterstützen die Forderung von Maja nach besseren Haftbedingungen und für die Aufhebung der Isolationshaft. Hierzu haben wir gestern auf unserer Mitgliederversammlung die folgende Erklärung beschlossen:
Erklärung des RAV auf der Mitgliederversammlung am 13. Juni 2025 – Keine Auslieferung von Zaid A. nach Ungarn! Solidarität mit Maja T.!
Dem 21.-jährigen Zaid A. droht weiterhin die Auslieferung von Deutschland nach Ungarn. Zaid, der in Deutschland aufgewachsen ist und die syrische Staatsangehörigkeit besitzt, wird vorgeworfen, gemeinsam mit anderen Antifaschist*innen im Februar 2023 in Budapest Teilnehmer*innen eines Neonazi-Aufmarsches angegriffen zu haben.
Zaid A. ist derzeit haftverschont. Das Auslieferungsverfahren ist vor dem Berliner Kammergericht anhängig.
In Ungarn hat Zaid kein faires Verfahren, sondern einen propagandistisch aufgeladenen politischen Prozess zu erwarten. Bereits die Verfahren gegen Ilaria S., Maja T. und andere Angeklagte haben gezeigt, dass die ungarische Justiz elementare rechtsstaatliche Grundsätze missachtet und die Angeklagten eine menschenrechtswidrige Behandlung erfahren. Die Justiz in Ungarn ist nicht unabhängig. Offensichtlich will das autoritäre Orban-Regime an den Angeklagten ein Exempel statuieren und Freiheitsstrafen verhängen, die in keinem Verhältnis zur Schwere der Tatvorwürfe stehen.
Wir alle haben gesehen, auf welch unwürdige Art und Weise Ilaria S. und Maja T. in Ketten in den Gerichtssaal vorgeführt worden sind. Wir haben die Berichte über die unzumutbaren Haftbedingungen gelesen. Eine Auslieferung an einen Staat, der eine derartige Behandlung von Gefangenen zulässt, ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 24. Januar 2025 festgestellt, dass die Auslieferungsentscheidung des Kammergerichts Berlin vom 27. Juni 2024 und die Überstellung von Maja T. an die ungarischen Justizbehörden unzulässig gewesen ist, weil sie hierdurch der Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung gem. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt worden sein könnte.
Die Umstände der überstürzten nächtlichen Überstellung von Maja T. an die ungarischen Behörden, die in enger Abstimmung zwischen der Generalstaatsanwaltschaft Berlin und der Polizei erfolgten, waren skandalös und rechtsstaatswidrig. So etwas darf sich unter keinen Umständen wiederholen.
Wir fordern die Generalstaatsanwaltschaft Berlin auf, die Bewilligung zur Auslieferung von Zaid A. zurückzunehmen!
Eine Auslieferung und Überstellung von Zaid A. nach Ungarn ist rechtwidrig!
Gleichzeitig erklären wir uns solidarisch mit den Forderungen von Maja T., die sich seit dem 5. Juni 2025 in einem Hungerstreik befindet, nach einem fairen Verfahren, der Verbesserung der unzumutbaren Haftbedingungen und der Aufhebung der seit 11 Monaten bestehenden Isolationshaft.
Maja T. muss sofort nach Deutschland rücküberstellt werden!
In diesem Sinne wünschen wir Euch heute eine kraftvolle und laut Demo.”
Redebeitrag der Soligruppe KWT von Thomas/Nanuk
“Wir sprechen heute zu Euch als einer der beiden Solikreise unseres Freundes Thomas, unseres Genossen Nanuk, der seit Oktober letzten Jahres in Berlin-Moabit in U-Haft sitzt. Thomas ist einer der Angeklagten im sog. Antifa-Ost-Verfahren, in dem gegen insgesamt sieben Personen in den vergangenen Tagen Anklage erhoben wurde. Ihm und den anderen Angeklagten wird vorgeworfen, sich aktiv gegen Nazis zur Wehr gesetzt zu haben – in den Augen des Staates muss dies geahndet werden, denn er fühlt sich in seinem Gewaltmonopol herausgefordert, wenn Linke sich gegen Nazigewalt wehren. In diesem Land hat dies eine lange Tradition. Es ist uns wichtig, hier ein paar Eckpunkte zu benennen, die unseren Freund und Genossen Thomas geprägt haben, wie uns selbst auch.
Von welcher Tradition sprechen wir? Von der Kontinuität des Faschismus, von der fehlenden Aufarbeitung der damaligen Menschheitsverbrechen und der Nicht-Bestrafung der Täter und Täterinnen. Wir sprechen von einer ungebrochenen Tradition faschistischer Gewalt, die sich durch die ganze Nachkriegsgeschichte Westdeutschlands zieht und mit der Wiedervereinigung zu neuer Schlagkraft und Mordlust erwacht. Der Prozess der Wiedervereinigung hatte weniger blühende Landschaften, aber umso mehr Deutschlandfahnen, grölenden Mob und Hass auf diejenigen zu bieten, die in der sozialen Leiter tiefer als man selbst standen. Die in unzähligen Fällen geschlagen, angezündet und ermordet wurden, ohne dass etwas passierte. Während das Recht auf Asyl in seiner bisherigen Form abgeschafft wurde.
In dieser Zeit wächst unser Genosse in Königs Wusterhausen in Brandenburg auf, er erlebt die Notwendigkeit von antifaschistischer Gegenwehr, weil in seiner Stadt die Nazis das Sagen haben und alle terrorisieren, die nicht bei ihnen mitmachen. Wie viele andere erlebt er die Anschläge und Morde von Mölln, Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen. Er erlebt, wie sich freie Kameradschaften gründen und in KW das Blood&Honour Netzwerk von einem Nazikader aufgebaut wird, der nach der Enttarnung des NSU als V-Mann Piatto Berühmtheit erlangen sollte. Er erlebt die gezielten Morde und die Selbstenttarnung des NSU in dem Wissen, dass die Nazinetzwerke dahinter längst bekannt waren. In dem Wissen, dass sie von Geheimdiensten und Polizei geschützt und mit aufgebaut wurden. Er erlebt, wie die Mörder des NSU lächerliche Haftstrafen bekommen und größtenteils wieder frei sind. Der Versuch, die NPD zu verbieten, scheiterte an zu vielen Vertrauenspersonen des Verfassungsschutzes in der Partei. Es folgten Hogesa, Pegida und Nordkreuz; es folgten politische Morde in München, Halle und Hanau, in Solingen, Magdeburg und Mannheim, die allesamt als Taten psychisch labiler ‘Einzeltäter’ entpolitisiert wurden.
Dagegen half nur die Selbstorganisierung antifaschistischer Gegenwehr – auf vielen gesellschaftlichen Ebenen der Kultur, der Bildung bis zu organisiertem Antifaschismus und der Verteidigung eigener Räume. Und in manchen Teilen des Landes gelang die Zurückdrängung der Nazis. Thomas – die Angeklagten, wir alle – waren und sind Teil dieser Bewegung, die sich gegen Nazis stellt. Und das ist notwendiger denn je, denn mittlerweile haben sich die Dinge stark geändert:
Weltweit ist ein neuer rechter Autoritarismus auf dem Vormarsch. Nicht nur in den USA, wo gerade ein faschistischer Putsch erprobt wird, auch in Europa hat sich die politische Rechte neu formiert und gewinnt an Zulauf. Und in diesem Land können wir feststellen, dass es nicht nur die militanten Faschisten sind, die immer offener und selbstbewusster auftreten. Sie werden beflügelt von einem gesellschaftlichen Rechtsruck, der es der AfD als faschistischer Partei verhalf, sich fest im Parlament zu etablieren. Während auf Sylt „Ausländer-Raus-Partys“ gefeiert werden, schicken sich Polizeibeamte, Justizvollzugsangestellte und Soldat\*innen in rechten Chatgruppen Hakenkreuze hin und her. Die AfD mobilisiert mit Hass und Hetze und erhält dafür Millionenspenden von Unternehmen. Die Verschmelzung von faschistischem Mob, Verschwörungsideologen und Teilen der politischen Elite bestärkt einen Machtrausch mit Allmachts-Fantasien. Diese beinhalten Pläne zu umfassenden Deportationen, die sie “Remigration” nennen; sie beinhalten Pläne zu Entführungen von Politiker\*innen, sowie den Umsturz und die Machtübernahme an einem Tag X. Die bei Bundeswehr und Polizei gestohlenen Waffen und Munition werden kaum thematisiert, obwohl dies Grund zur größten Besorgnis sein müsste. Sie rüsten sich für die Machtübernahme, so irre dies klingt.
Wir sagen:
\- Rechter Terror ist real, die Akteure werden immer selbstsicherer und die Gewalt richtet sich gegen alle, die ihnen nicht passen.
\- Im Parlament und in Talkshows werden ihnen die Türen geöffnet und der Weg bereitet, anstatt ihnen das Wort zu verbieten und sie als gesellschaftliche Gefahr zu markieren.
\- Auf Sicherheitsbehörden ist kein Verlass, ihr Personal rekrutiert sich in Teilen aus dem Nazimilieu selbst.
\- Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass dort, wo Nazis entschieden entgegengetreten wird, sie sich auch zurückdrängen lassen.
Nur ein breites gesellschaftliches Bündnis kann sich dieser Gefahr effizient entgegenstellen und Widerstand in den Parlamenten, in den Betrieben und auf der Straße organisieren.
Diesen antifaschistischen Widerstand gibt es und er ist vielfältig. Aber antifaschistischer Widerstand wurde und wird immer schon kriminalisiert und mit staatlicher Repression überzogen, denn er weist auch immer auf die Möglichkeit eines anderen Lebens hin. Im Strudel der multiplen Krisen von Armut, Krieg und Klimawandel, steht der Staat vor enormem Legitimationsdruck. Denn innerhalb des kapitalistischen Systems werden existenzielle Probleme wie Gesundheitsversorgung oder Wohnungsnot nicht gelöst, weil es nicht darum geht, für die Gesellschaft und ihr Wohlbefinden Politik zu machen. Und da die politische Agenda immer mehr vom rechten Diskurs bestimmt wird, ist es nur logisch, dass praktischer Antifaschismus nicht als Notwendigkeit, sondern als kriminelle Haltung delegitimiert wird.
In diesem Klima findet bald der Prozess gegen unsere Genoss\*innen statt – machen wir deutlich, dass Antifaschismus notwendig ist und nicht kriminell! Machen wir deutlich, dass ein Leben in Würde und Freiheit nur gelingen kann, wenn es weder Nazis, noch menschenverachtende Politik gibt, die das Wohl einiger Weniger sichert und der Rest in der angerichteten Scheiße versinkt.
Freiheit für Thomas, für Nanuk – Freiheit und Solidarität für alle Angeklagten und Antifaschist\*innen im Gefängnis und auf der Flucht!”
Redebeitrag von family and friends Hamburg
“Hallo zusammen, ich spreche für family and friends hamburg.
Es ist sehr stark, dass wir hier so viele sind. So viele gute Gründe gibt es für Solidarität, für Antifaschismus. Unser Vertrauen in Staat und Justiz, jedenfalls der Rest, der noch da war, ist nachhaltig gestört. Die Repressionen, denen wir, und damit meine ich Unterstützer*innen, Freund*innen, Angehörige, Untergetauchte und auch die Gefangenen im Knast, nach wie vor ausgesetzt sind, sind nicht lebensbedrohlich aber dennoch beeinträchtigen sie. Doch sie machen auch wütend. Wir brauchen uns nichts vormachen, wir sitzen nicht am längeren Hebel.
Aber die bessere Utopie haben wir und eines Tages wird sie sich durchsetzen.
Die Solidarität, regionale, nationale und internationale gibt die nötige Kraft immer weiter zu kämpfen und sich gerade zu machen, auch wenn massive Repressionen drohen.
Jetzt liegt auch noch der neue Verfassungsschutzbericht vor. Der VS jammert im Chor mit den Staatsanwaltschaften und der Polizei, dass sie zu wenig Personal und zu wenig Befugnisse hätten. Wir haben in den letzten Jahren absolut nichts von Personalmangel gemerkt. Statt Antifaschist*innen zu kriminalisieren und zu verfolgen sollten sie sich auf Demokratieförderung und die Entwicklung und Bewahrung einer freiheitlichen, respektvollen Gesellschaft konzentrieren.
In Hamburg haben wir uns als family and Friends zusammengefunden um zusammen mit vielen weiteren Gruppen und Einzelpersonen die Gefangenen und Untergetauchten im Budapest Komplex solidarisch zu unterstützen, um weitere Auslieferungen nach Ungarn zu verhindern und die Notwendigkeit offen und selbstbewusst antifaschistisch zu handeln einer breiteren Öffentlichkeit nahe zu bringen.
Völliges Unverständnis gibt es auch bei uns für die Tatsache, dass die von Ungarn Beschuldigten, trotz ihrer mutigen Selbststellung immer noch in Haft sind. Das muss sich dringend ändern. Es schockiert uns, dass noch immer die Auslieferung der Inhaftierten und Zaids nach Ungarn nicht vom Tisch ist.
Prominente Unterstützung erhielten und erhalten wir von Rechtsprofessor*innen, Journalist*innen,einem italienischen Staatsanwalt, dem Präsidenten des FC St. Pauli, einzelnen Politiker*innen der Linken, die auf der Bühne, z. B. im Ballsaal des FC St. Pauli, in der juristischen Fakultät der Uni Hamburg oder nächste Woche im Deutschen Schauspielhaus die Auslieferung Majas verurteilen.
Maja kämpft mit aller Kraft und jetzt dem Hungerstreik für die Rückholung nach Deutschland.
Es ist unglaublich, dass sich bis heute keine Politiker*in offen auf höchster Ebene für Maja eingesetzt hat, wo doch die Unrechtmäßigkeit der Auslieferung vom Bundesverfassungsgericht festgestellt wurde. Wir fragen uns von Beginn an: was ist rechtmäßig daran, die Unrechtmäßigkeit eines anderen Staates auszunutzen um Linke für Jahrzehnte wegzusperren?
Es gibt viele gute Gründe für Solidarität! Kämpfen wir gemeinsam, national und international, mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln für eine antirassistische, demokratische, antiautoritäre, antifaschistische, feministische Welt. Machen wir uns stark gegen Ausgrenzung und für Integration und Inklusion. Gender- und generationenübergreifend. Wir sind viele und gerade jetzt, auch in den Solidaritätsaktionen für Maja werden wir immer sichtbarer.
Wir bleiben selbstverständlich antifaschistisch!
Free Maja, free all Antifas”
Rebeitrag von einem Antifaschisten aus Graz
“Liebe Antifaschist*innen,
ich möchte eine Sache vorweg sagen. Solidarität wirkt. Solidarität wirkt, denn sie kennt keine Sprache, keine Grenzen und keine Gefängnismauern. Solidarität und das Wissen, es gibt Menschen, die für einen kämpfen, die da sind, die alles versuchen um eine*n zu unterstützen, lässt Inhaftierte durchhalten.
Auch ich habe das in den letzten Wochen am eigenen Leib erfahren, als ich in Untersuchungshaft war, weil ich Antifaschist bin.
Ich bin einer von sieben Aktivist*innen aus Graz, der zweit größten Stadt Österreichs, die von genau den Behörden, die Maja mit einem Sack über den Kopf mehrere Stunden in einem Auto nach Ungarn verschleppten, in den letzten Monaten unverhältnismäßg hart schikaniert werden.
Wir sieben sind Beschuldigte in einem Strafverfahren, weil einem FPÖ-Lokalpolitiker (die FPÖ ist die österreichische AfD) nach dem Besuch eines rechten Vernetzungstreffens mit Identitäten Kadern, FPÖ-Spitzenfunktionären und deutsch-nationalen Burschenschaftern mutmaßlich sein Burschenkäppchen vom Kopf genommen wurde. Da der betrunkene deutsch-nationale FPÖ-ler stürzte und sich verletzte, ermittelt die Grazer StA und der Verfassungsschutz gegen zwei Hauptverdächtige und fünf weitere Beschuldigte, wegen des Vorwurfs des schweren Raubes. Eine kriminelle Vereinigung wird konstruiert und so stehen für uns sieben Antifaschist*innen 5-15 Jahre Haft im Raum.
Auf der Suche nach dem verlorenen Burschenschafterkäppchen gab es sieben Hausdurchsuchungen, zwei internationale Haftbefehle und zwei Personen saßen ganze drei beziehungsweise sieben Wochen in Untersuchungshaft. Ich selbst habe meine Zeit in Haft nur überstanden, weil ich wusste, es gibt Menschen, die da sind, die solidarisch sind und sich für mich und alle anderen ins Zeug legen.
Solidarität wirkt.
Beides, Majas Verschleppung durch die österreichische Spezialeinheit und der Grazer Repressionsfall sind keine Zufälle. Sie reihen sich in eine Historie ein, die zeigt, der sogenannte bürgerliche Rechtsstaat war noch nie politisch neutral. Linke werden von diesem System verachtet, während Rechte und Faschist*innen in Politik, Justiz, Polizei und Verwaltung den Ton angeben. Anders als in Deutschland, wo noch vor einer Durchsetzung der Behörden mit AfD Sympathisant*innen und rechten Beamt*innen gewarnt wird, ist die Realität in Österreich schon lange genau das. Ein von Rechten zersetzter Polizeiapparat, Staatsanwaltschaften, die sich politisch instrumentalisieren lassen und eine rechte Partei, die überall ihre Finger im Spiel hat. Dabei fühlen sich die FPÖ und ihre Marionetten in den Behörden schon so sicher, dass es nur einer einfache Google Suche braucht, um die Verstrickungen von Politik, Polizei und Justiz aufzudecken.
Besonders in der Steiermark, dem Bundesland in dem Graz liegt und wo die FPÖ führende Regierungspartei ist, nimmt diese Vetternwirtschaft unvergleichbare Ausmaße an. Der harte Repressionsschlag gegen sechs Genoss*innen und mich verwundert angesichts dieses Klimas wenig. Vielmehr zeigt er, wie es um die Gewaltenteilung und politische Unabhängigkeit der Jusitz steht.
Neben der Tatsache, dass es sich beim Geschädigten um einen Parteifreund des Landesobmanns, sowas wie der Ministerpräsident, Mario Kunasek handelt, ist auch das Verhältnis des Käppchenkumpels zum zweit wichtigsten Politiker der Steiermark, dem Präsidenten des Landtages, Gerald Deutschmann zu erwähnen. Die beiden sind nicht nur gemeinsam in der FPÖ, sondern auch in derselben deutsch-nationalen, schlagenden Burschenschaft korporiert. Ein Parteikumpel und Burschenschaftskollege der beiden wichtigsten Politiker des Bundeslandes verliert ein Käppchen, und die Grazer Staatsanwaltschaft bläst die Ermittlungen prompt zu einem riesigen Verfahren auf. Auf der anderen Seite zeigt sich die Grazer Staatsanwaltschaft überhaupt nicht engagiert wenn es darum geht gegen FPÖ zu ermitteln oder sie gar anzuklagen.
Bestes Beispiel dafür sind Ermittlungen beziehungsweise die Blockade von Ermittlungen durch die StA Graz im Jahre 2022. Damals sollen mutmaßlich rund 1,8 Millionen Euro Steuergelder durch die Kassen der FPÖ veruntreut und an zum Beispeil befreudnete Burschenschaften geflossen sein. Anders als beim Käppchenklau, passierte bei diesem Verfahren ein Jahr lang rein gar nichts. Durch diese Verzögerung blockierte die StA, bewusst oder unbewusst, das Ermittlungsverfahren gegen die FPÖ und gab es schließlich aufgrund des “Verdachts der Befangenheit” an die StA Klagenfurt ab. Auch die beiden steririschen FPÖ Spitzen Kunasek und Deutschmann sind in dadurch lange unbescholten dabongekommen. Der Fall, der sich bis heute zieht, ist so gravierend, dass Politiker*innen verschiedener Parteien von Amtsmissbrauch und Verschleierung durch die Grazer StA sprechen.
Nichtsdetotrotz, dass die StA Graz von sich selbst sagt im Kontext der FPÖ befangen zu sein, ermittelt dieselbe Behörde nun in einem Verfahren wo der Geschädigte ein nahestehender Parteifreund der steirischen FPÖ Spitze ist. Diesmal angeblich Selbstverständlich unbefangen und neutral.
Wer ungarische Verhältnisse sucht muss nicht nach Ungarn. Vetternwirtschaft, Parteifreunde die von der Staatsanwaltschaft geschützt werden und politisch motivierte Strafverfahren gegen Antifaschist*innen finden sich auch in Österreich. Noch hat der Prozess in Graz nicht begonnen, wir hoffen auf das Beste rechnen aber mit dem Schlimmsten in diesem politisch motivierten Verfahren.
Wenn ihr mehr über unseren Fall erfahren wollt, schaut gerne auf Instagram unter antifagraz25 oder auf einem Online Kanal eurer Wahl nach. Natürlich brauchen wir Geld und freuen uns über jede Spende. Aber auch alles andere, jedes Foto, jedes Graffiti und jede Soliparty kommt bei uns an und lässt uns stärker in den Prozess gehen. Wenn alles vorbei ist und wir Geld übrig haben sollten, haben wir uns dazu entschieden alles den Genoss*inen des Budapestkomplexes zukommen zu lassen. Denn wir wissen, Solidarität wirkt!
Zu guter letzt bleibt mir nur noch Folgendes zu sagen: Freiheit für alle Gefangenen! Antifaschismus ist legtitim und notwendig und egal ob Jena, Budapest oder Graz, wir werden weitermachen,
Immer weiter.”
Rebeitrag von Majas Vater
“Liebe Zuhörende,
als mein Vater am 20. April 1941 geboren wurde, am 20. April, dem Geburtstag des „Führers“ und dann auch noch an einem Sonntag, mein Vater also ein Führer-Sonntags-Geburtstagskind war, da wollte mein Urgroßvater am liebsten, dass er „Adolf“ genannt wird.
Wenig später war die Begeisterung vorbei. Als Lazarettarzt versuchte mein Urgroßvater noch, die grausam Kriegsverwundeten wieder zusammenzuflicken. 1943 wurde dann sein Haus und fast die ganze Stadt Wuppertal bei einem der ersten großen Bombenangriffe völlig zerstört. Mein Vater war erst 2 Jahre alt und doch muss das Ereignis ihn genauso wie meinen Urgroßvater traumatisiert haben: Mit anzusehen, wie die Stadt in einem Inferno aus Bomben und Feuerstürmen vernichtet wurde. Die vielen Leichen, die überall auf der Straße lagen, die schreienden schwerverletzten und sterbenden Menschen eingeschlossen unter den Trümmern der Häuser. Nach 1945 hat mein Urgroßvater nie mehr ein Wort über die Nazizeit gesprochen – Ich glaube, weil er sich geschämt hat.
So wie mein Urgroßvater sich damals geschämt hat, so schäme ich mich heute: Schäme mich dafür, wenn ausgerechnet in Thüringen, dem Bundesland, das 1932 die allererste Naziregierung hatte, wenn ausgerechnet hier die rechtsextreme AFD mit 33% der Stimmen als stärkste Fraktion in den Landtag einzieht. Wenn ausgerechnet hier Terrorgruppen wie der NSU oder Knockout 51 wieder losziehen, Menschen jagen, angreifen und dann sogar ermorden.
Und deshalb sind wir in einer Situation, wo jede Demokratin, jeder Demokrat sagen muss: Jetzt und hier ist der Zeitpunkt, wo wir unsere freiheitliche Demokratie verteidigen müssen. Jetzt und hier ist Antifaschismus notwendig!
Mein Kind Maja sitzt in Budapest als antifaschistischer Mensch in Untersuchungshaft – ausgeliefert in einer paramilitärischen anmutenden Aktion, mitten in der Nacht, gegen die ausdrückliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, des höchsten deutschen Gerichtes. Vor Gericht gestellt in einem Land, wo queere Menschen verfolgt werden, in dem es kein rechtsstaatliches Verfahren gibt und Maja mit bis zu 24 Jahren Haft gedroht wird. Gequält seit über 11 Monaten durch Isolationshaft, 24 Stunden am Tag nur die Wand angucken, eine psychische Folter, die Maja zerstören soll.
Deshalb kann ich verstehen, dass Maja in den Hungerstreik gegangen ist, als letztes Mittel, ein Hungerstreik für Menschenwürde, ein Hungerstreik für Gerechtigkeit. Maja wird immer kraftloser, wurde vorgestern noch vor Gericht vorgeführt bis zur völligen Erschöpfung. Mittlerweile ist Maja bei einer Außentemperatur von 30° C am Frieren und braucht einen warmen Pullover. Als Vater macht das mir Angst, Angst um Majas Gesundheit, Angst um Majas Leben.
Deshalb bitte ich Sie und Euch, liebe Zuhörende, gerade jetzt, setzen Sie sich für Maja ein, unterschreiben Sie die Petition, erzählen Sie es allen Menschen, demonstrieren Sie! Wir fordern nichts anderes als Gerechtigkeit, nichts anderes als die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes, des höchsten deutschen Gerichtes.
Und ich fordere Sie, Herrn Bundesaußenminister Wadephul auf: Holen Sie Maja zurück nach Deutschland! Sorgen Sie dafür, dass Maja eine menschenwürdige Behandlung, ein faires und rechtsstaatliches Verfahren bekommt!
Liebe Zuhörende, gestern bin ich angesprochen worden von einer jungen Mutter. Bisher waren auf jeder Antifa-Demo in Jena Familien dabei, sogar mit Kinderwagen. Und auch die Jenaer Polizei hat sich immer korrekt verhalten. Heute hat diese Mutter Angst um ihre Kinder.
In einem Spiegel-Gespräch sagt Maja dazu: „Wir leben in einer Gesellschaft voller Gewalt. Aber von mir erwarte ich, dass mein Handeln der Utopie einer gewaltfreien Gesellschaft gerecht wird.“ Und genau das ist auch meine große Bitte an Euch:
Kämpft für Maja, kämpft für Menschenwürde und Gerechtigkeit! Seid laut und wütend gegen den Faschismus! Aber gegen den Faschismus zu sein heißt meiner Ansicht nach auch gegen Gewalt zu sein.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine große, kraftvolle und friedliche Demonstration!”
Rebeitrag von Zaid
“Liebe Genoss:innen,
Seit über einem Monat wurde ich aus der Haft entlassen und befinde mich wieder unter euch. Die letzten 2 Jahre waren geprägt von maßloser Überwachung, Schikane und öffentlichem Druck von mehreren europäischen Staaten und ihren Behörden. Am härtesten hat es unsere Genoss:innen getroffen die in Ungarn sitzen mussten.
Es ist nun ein Jahr her seitdem Maja, wie von einer mafiösen Bande Nachts entführt und nach Ungarn ausgeliefert wurde, sogar nach bürgerlichem Recht unzulässig. Doch was bringt uns dieser Satz? In dieser Gesellschaft herrscht oft die Politik des Vergessens, die Menschen werden schon vergessen, wenn zu offensichtlich unmenschliche Entscheidungen getroffen werden, sie werden irgendwie abgelenkt. Doch das auch nach einem Jahr kein Stillstand herrscht, im Gegenteil, ist eine sehr bedeutende Reaktion. Der Druck unsererseits muss wachsen, vielleicht andere Formen annehmen.
Bei der Auslieferung ging es nicht darum, einfach nur vom europäischen Recht Gebrauch zu machen, es war eine gut koordinierte Aktion zwischen Staatsanwaltschaft und LKA sowie den faschistoiden ungarischen Behörden, um Antifaschist:innen so hart zu bestrafen wie es in dem Rahmen möglich ist. Dabei in ein menschen- und queerfeindliches sowie rassistisches Ungarn eine non binäre Person auszuliefern und dasselbe mit mir als Syrer vorzuhaben.
Ich denke, wir können alle sehen, dass man Maja nicht brechen kann, dass Maja in einem zutiefst würdelosen Ort die würde behält und dass Maja, je härter und strenger die Isolation ist, sich uns und unserem Kampf umso verbundener fühlt. Ein Kampf, den wir in diesen Zeiten entschlossener denn je führen müssen. Es ist ein Kampf gegen die wachsende Hetze auf Migrant:innen, ob in Europa oder den USA, ein Kampf gegen den Krieg und seine Grausamkeiten, ob in Palästina oder Kurdistan, ein Kampf für die Gerechtigkeit, für Solidarität und Emanzipation aller.
Wir dürfen uns von den Repressionsschlägen und dieses Verfahren nicht verunsichern lassen, vielmehr aus den Erfahrungen lernen und kollektiven und solidarischen Umgang mit den verschiedensten Realitäten finden.
Freiheit für alle Unterdrückten. Solidarität mit allen verfolgten Genoss:innen.
Freiheit für Maja!”
Redebeitrag von Linas Mutter
“Das Antifa-Ost-Verfahren – ein politisch aufgeblähtes Verfahren, das von Anfang an auf die Verurteilung der Angeklagten ausgerichtet war und von zahlreichen Ungereimtheiten und politischen Skandalen begleitet wurde.
Das Verfahren ist komplex, aber irgendwo muss es beginnen. Vielleicht mit den Überfällen auf den Neonazi Leon Ringl und seine Kameraden der rechtsextremen Kampfsportgruppe “Knockout 51” in Eisenach 2019. Oder mit dem bereits Anfang 2020 eingeleitetem Verfahren nach §129 – Bildung einer kriminellen Vereinigung – durch das LKA Sachsen, das viele brachiale Hausdurchsuchungen, Razzien, Observationen, Abhöraktionen in Leipzig und Berlin ermöglicht und auf das die Verhaftung von Lina im November 2020 und ihre 2 1/2 jährige U-Haft in Chemnitz folgt. Die Bundesanwaltschaft, die eigentlich für Verfahren nach §129a – also Bildung einer terroristischen Vereinigung – zuständig ist, zieht das Verfahren an sich und ist jetzt federführend.
Der Prozess beginnt im September 2021 und dauert 99 Verhandlungstage:
● Neonazis treten als Zeugen auf und reden wirres Zeug.
● Verstrickungen der Ermittlungsbehörden in das rechte Netzwerk “Nordkreuz” werden bekannt.
● Die Verlesung einer gemeinsamen Erklärung der Angeklagten wird unterbrochen und nicht zugelassen.
● Während der fast 9-stündigen Urteilsverkündung werden mehrere solidarische Menschen unsanft aus dem Gerichtssaal geschmissen.
Und in der 2. Hälfte des Prozesses spielt die GBA ihren Trumpf aus: Einen Kronzeugen! Domhöver, selbst Beschuldigter im Antifa-Ost-Verfahren, ergießt sich an 12 Verhandlungstagen in wilden Spekulationen und Interpretationen – nennt Namen, Orte, vermeintliche Zusammenhänge und beschuldigt viele – wirklich viele – Genoss:innen. Domhöver hat eine klare Motivation: Er rechnet mit einer milden Strafe, wenn er sich auf LKA, GBA und Verfassungsschutz einlässt und andere belastet und verrät. Und seine Rechnung geht auf: 1 Jahr und 6 Monate auf Bewährung. Aber nicht für Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung! Nein, dieser Tatvorwurf gegen ihn wird eingestellt.
Obwohl seine Aussagen vage bleiben und er keine konkreten Belege liefern kann, werden sie vom Gericht als glaubwürdig bewertet und führen zu den hohen Haftstrafen der vier Beschuldigten.
Fast zwei Jahre dauert die Prüfung des Urteils auf formelle Rechtsfehler durch das Revisionsgericht. Inzwischen sind die Urteile rechtskräftig. Seit Ende April ist Lina wieder in Haft und sitzt ihre Reststrafe ab. Auch die drei anderen Verurteilten müssen zeitnah ihre Haftstrafe antreten.
All das hat viel Sorgen, Wut, Empörung und Fassungslosigkeit ausgelöst. Denn mit der Verhaftung von Lina beginnt auch eine öffentliche Hetzkampagne. Informationen aus den Ermittlungsakten werden an das rechtsextreme Magazin Compact und an die Springer-Presse durchgestochen. Dazu passt der medienwirksame und gezielt inszenierte Helikopterflug von Lina nach Karlsruhe. Namen, Gesichter, Adressen der vier Beschuldigten werden öffentlich. Medien und Politik beginnen mit reißerischen Berichten (vor allem über Lina) die gesamte antifaschistische Bewegung zu dämonisieren.
Und dann passiert es wieder… Mit anderen Namen, anderen Gesichtern – in Zeitungen, an Litfaßsäulen, im Fernsehen! Der Höhepunkt ist ein Kopfgeld von 10 000 Euro auf Johann!
Das wir heute hier stehen, zeigt, dass der Verfolgungswahn der Soko Linx und der GBA nicht aufhört. Und leider sitzen heute so viele Antifaschist:innen in Haft, wie seit vielen Jahren nicht mehr. Und dass es noch weitere politisierte Großverfahren geben wird, zeigt die Anklage gegen 7 Antifaschist.innen von letzter Woche.
Dass wir heute hier stehen, zeigt aber auch, dass wir nicht nachlassen – im Gegenteil. Wir lassen unsere Freundinnen und Freunde, unsere Genoss.innen, unsere erwachsenen Kinder, unsere Geschwister nicht alleine. Ob in Haft, vor Gericht oder im Untergrund – wir stehen zusammen und geben uns gegenseitig Kraft.
Denn: Antifaschismus ist notwendig!”
Rebeitrag zu Repression um den 1. Mai 2023 in Gera
“Schön so viele Genoss*innen hier heute auf der Straße zu sehen.
Ich möchte euch heute einen kleinen Einblick in die Geschehnisse der letzten 2 Jahre geben, die vielleicht verdeutlichen, warum Repressionen uns alle treffen kann und uns alle meint.
Am 01. Mai 2023 sind ungefähr 600 Antifas auf die Straße gegangen, um den Geraer Nazis rund um Christian Klar deutlich zu machen, dass rechte Raumnahme in Gera nicht unbeantwortet bleibt. An dem Tag wurde jedoch schnell deutlich, welcher Demozug in der polizeilichen Logik Vorrang hatte.
Nachdem die Demo vor dem angemeldeten Kundgebungsort längere Zeit gestoppt wurde, damit die Faschos unbehelligt passieren konnten, wollte die Demo nicht länger warten. In einem kurzen Moment kam es zu Auseinandersetzungen mit den Bullen, auf die prompt mit Pfeffer und Schlagstock geantwortet wurde. Als wäre das nicht genug, wurde eine völlig wahllose Linie gezogen, die plötzlich 250 Personen eingekesselt hat. Die Genoss*innen, die sich zufälligerweise innerhalb des Kessels befunden haben mussten nun über 6 Stunden darin ausharren während es regnete und immer dunkler wurde. Weder Verletzte, noch Menschen mit Panikattacken durften den Kessel verlassen, in dem sich auch mehrere Minderjährige befunden haben. Während alle nach und nach ID behandelt wurden, mussten Banner als Toilettenwände dienen.
Danach gab es ein halbes Jahr Ruhe, bis im November bei 36 Personen in mehreren Bundesländern Hausdurchsuchen folgten. Was man da beim Vorwurf Landfriedensbruch finden soll? Man weiß es nicht.
Es wird ein Angriff auf Bullen herbeikonstruiert, für den man sich angeblich verabredet hätte.
Jegliche technischen Geräte und Speichermedien werden mitgenommen. Da man dort zu Gera allerdings eh nichts finden wird, nimmt man vorsichtshalber noch jeden Beweis mit, der irgendwie dokumentiert wie linksextrem man sei. Achso und parallel baut man ne kleine Drogenteststation in der WG-Küche auf, weil vielleicht findet man ja immerhin davon noch was.
Jeder, der gegen Faschos auf die Straße geht, ist das Ziel dieser Repression. Das Bild einer gewaltbereiten Antifa wird dermaßen hochstilisiert, dass völlig unverhältnismäßige Mittel gerechtfertigt scheinen. Die Thüringer CDU spricht davon, dass der Rechtsstaat Härte zeigen müsse, die AfD freut sich, weil sich die linke Szene in Thüringen eh schon viel zu lange zu sicher fühle.
Bei wem nicht die Tür eingetreten wurde, bei dem ist den letzten Monaten immerhin ein Brief ins Haus geflattert. Anklageschriften, Strafbefehle oder Einstellungen gegen Geldauflagen. 250 Leute sollen jetzt blechen.
Fast alle haben den gleichen Text, fast niemandem kann eine einzelne Handlung nachgewiesen werden. Das Vergehen unter anderem, das Tragen einer Zitat “schwarzen Oberbekleidung und Hose zum Ausdruck der politisch linksgerichteten und die Kommunikation mit staatlichen Organen ablehnenden Haltung.”
So absurde Vorwürfe kennen wir in ganz vielen Kontexten und ganz verschiedenen Dimensionen.
Nach einer Durchsuchung in unserem Umfeld sind wir alle ziemlich fertig. Alle schlafen erstmal schlecht, sind irgendwie paranoid oder gestresst. Denn bei all der Solidarität und Notwendigkeit unserer politischen Arbeit, können wir nicht immer nur mit “Wir lassen uns nicht brechen” und “jetzt erst Recht” reagieren.
Denn die Repression wirkt und darüber müssen wir reden. Wenn ich morgens um 6h davon aufwache, dass meine Tür eingetreten wird und 16 vermummte Bullen in meine Wohnung rennen, dann macht mir das verdammt nochmal Angst.
Und wenn ich nicht mehr allein sein kann, nicht mehr schlafen kann, weil mir bei jeder Klingel, jeder zugeschlagenen Auto- oder Haustür das Herz absurd stark pocht, dann fühlt sich das richtig beschissen an.
Und es ist zwar schön, danach öffentlich zu zeigen, dass sie uns nicht klein kriegen, aber noch viel wichtiger ist es doch, dass wir füreinander da sind.
Wenn nämlich nach meiner Wohnung noch der Keller durchsucht wird, ich dann mit einem Dutzend Bullen in den Hausflur komme und dort Genoss*innen auf der Treppe sitzen, fühl ich mich schlagartig nicht mehr ganz so scheiße.
Das heißt, dass wir uns in unseren Politgruppen, Freund*innenkreisen, Wohnkontexten oder Familien darüber unterhalten müssen, wie wir füreinander da sein können wenn’s knallt. Das heißt, auch konkret und konsequent durchzusprechen was wann passieren soll, also wer wen anruft oder wer sich um was kümmert, wenn es bei uns Hausdurchsuchungen gibt, wir in den Knast gehen oder eine Zeit lang verschwinden müssen.
Und dass wir als Szene wissen, was wir tun wenn’s brennt, verdanken wir zu einem großen Teil der Roten Hilfe, zahlreichen Solistrukturen und Kampagnen. Solchen, die auch heute hier zahlreich vertreten sind.
Auf dieser Demo gibt es nur begrenzte Redeslots und man hätte auch von zahlreichen anderen Fällen reden können, die Gera in ihrer Struktur sehr ähneln. Aber genau das ist der Punkt. Repression ist brutal und wahnsinnig willkürlich. Sie erfordert daher unbegrenzte Solidarität. Und dafür stehen wir heute hier und stellen uns gemeinsam gegen Repression. Alerta und Dankeschön.”
Grußwort von Johann
“Als die Soko Linx am Tag ihrer Gründung meine Gestaltung am Connewitzer Kreuz über malen lies, wurde diese lächerlich anmutende Geste noch von vielen Genossinnen und Genossen belächelt. Die sächsischen Repressionsbehörden hatten sich jahrelang mit ihren ebenso fanatischen, wie erfolglosen Versuchen gegen militanten Antifaschismus vorzugehen in zahlreichen Ermittlungen nach Paragraph 129 durchgehend blamiert. Das ich mich heute aus der JVA am Hammerweg zu Wort melde zeigt, wie sehr der Schein von nun mehr als 6 Jahren trügte. Mit Rückendeckung des GBAs war es dem LKA Sachsen im 4. Anlauf gelungen, ein Gericht von der angeblichen Existenz einer kriminellen Vereinigung zu überzeugen.
Nach den innenpolitisch stabilen 2010er Jahren erleben wir mittlerweile eine zunehmende Destabilisierung des politischen Westens und als Reaktion darauf, die zunehmende autoritäre Befriedigung von politischen und sozialen Konflikten. Dies zeigte sich in den vergangenen Jahren zunehmend durch das politische Agieren des GBA. Körperverletzungsdelikte, für die in gleichartigen Fällen vor 10 Jahren im Regelfall Bewährungsstrafen von den Landgerichten verhaengt wurden, wird mittlerweile eine staatsgefährdende Dimension angedichtet, um die Beschuldigten vor ein OLG zu zerren.
Nicht nur die Strafverfolgungsbehörden agieren dabei mit politischem Kalkül bewusst eskalativ, auch das sächsische Justizministerium hat den Abbau von Grundrechten gegenüber extremistischen Gefangenen auferlegt. Die grüne Justizministerin Katja Meier entwarf zuletzt einen Leitfaden, der die weitgehende Entrechtung der Gefangenen vorsieht. In Konsequenz dessen wurden Moritz, Nele und ich mit Aufnahme in die sächsische JVA präventiv sämtlichen besonderen Sicherungsmaßnahmen unterzogen. In meinem Fall dauert die Isolation auf der Sicherheitsstation der JVA Dresden 3 Monate an.
Zur Wahrheit gehört an dieser Stelle aber auch, dass der Leitfaden zur Bekämpfung von Neonazis geplant war. Die vollständige präventive Entrechtung betrifft im sächsischen Strafvollzug gleichermaßen Antifaschistinnen und Antifaschisten, sowie unsere politischen Gegner und im Fall des Magdeburger Weihnachtsmarkt Attentäters oder des sog. König von Deutschlands offenkundig Geisteskranke. Dass die Repressionsbehörden ein taktisches Verhältnis zu Recht und Gesetz pflegen, zeigt sich nicht nur in unseren Haftbedingungen, sondern auch an der Verschleppung Majas an das ungarische Regime. Für den konkreten Sachverhalt des laufenden Verfahrens gibt es an dieser Stelle von mir nichts zu sagen.
Und so bedanke ich mich bei der lieben Solidarität, die meinen Mitbeschuldigten und mir zu Teil wird, so möchte ich doch an dieser Stelle mein Befremden mancher Narrative kundtun. Versteht mich nicht falsch. Wer mich ein wenig kennt kommt möglicherweise zu dem Schluss, dass Neonazis von mir Verständnis und Wohlwollen in vergleichsweise überschaubaren Umfang zu erwarten haben. Es ist meine tiefe Überzeugung, dass Antifaschismus bedeutet das Recht des Stärkeren zu brechen. Die Forderung gegenüber den Strafverfolgungsbehörden sämtliche Verfahren einzustellen, kommt der Forderung einer de fakto Legalisierung von gewalttätigen Faschisten gleich. Dass der Staat das Recht auf körperliche Unversehrtheit von Neonazis verteidigt, wenn diese Opfer von Straftaten werden, kann nicht Kern einer Kritik einer emanzipatorischen Linken sein. Vielmehr gilt es die gesellschaftlichen Errungenschaften um Rechtsstaatlichkeit gegen den politischen Feind (..?)
Eine starke antifaschistische Bewegung lebt vom Prinzip der Solidarität, der Gewissheit dass wenn es schwierig wird man nicht alleine da steht. Ich hatte die vergangenen Jahre das Glück viel Solidarität zu erfahren. Besonders möchte ich mich an dieser stelle bei meinen Freundinnen und Freunden bedanken, die sich in den vergangen Jahren schützend vor mich stellten an meiner Seite kämpften oder allzu oft, wenn es brannte die Flammen löschten und die Scherben hinter mir aufkehrten.
In solidarischen Gedanken bin ich bei euch, liebe Grüße Johann”
Grußwort von Maja
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Grußwort von Lina
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Grußwort einer Untergetauchten
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Redebeitrag BASC / Nürnberg
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